Die Bücher-Hommage

In meinem Arbeitszimmer nehmen Regale, vollgestopft mit Büchern, den meisten Platz weg. So realisieren es scheinbar meine Besucher. »Warum behältst du die? Verkauf die ganzen Wälzer. Das schafft Raum für Neues und bringt Geld«, bekomme ich oft zu hören. Ich reagiere mit vehementen Kopfschütteln.

All diese Werke lagern nicht in meinen Schränken, um damit anzugeben oder weil sie sich gut als Deko eignen.

ICH LIEBE MEINE BÜCHER!

Sie gehören zu meinem Leben.

Ein Großteil von ihnen wurde durch zahlreiche Hände gereicht. Diese Schatzkammern aus Papier bewahren Erinnerungen an Personen, die diese Kunstwerke gekauft, verschenkt, gelesen oder gesammelt haben.

Es sind keine Einwegprodukte – eher Haustiere, die zu Hause einziehen, denen du verfällst und um die du dich kümmerst.

Sie benötigen Pflege, verströmen ihre eigenen Gerüche, erzeugen schleierhafte Faszination.

Sie öffnen dir ein Portal in neue Welten.

Damit meine ich nicht, das Genre, das ein Leser bevorzugt.

Ein Beispiel aus dem Leben:

In einem überfüllten Wartezimmer, beschallt von Gesprächen und Musik, entdecke ich eine Frau, die Das Lavendelzimmer in den Händen hält.

Sie liest diese wundervolle Liebesgeschichte in einem Wartezimmer zwischen Radio-Gedudel und Patientengequatsche?

»Bitte suchen Sie sich einen ruhigen Ort, um diese Geschichte im vollen Umfang zu genießen. Einen Ort, an dem Sie sich voll und ganz entspannen können. Wo Sie sich geborgen fühlen«, lag mir auf der Zunge. Aber ich wurde aufgerufen.

Höchstwahrscheinlich hätte mich die Frau für verrückt erklärt. Doch darum geht es nicht.

Es geht um die Klärung, was es über die Frau aussagt, dass sie bei der enormen Geräuschkulisse in diesem brillanten Buch blättert? Was ist das für ein Typ Frau? Zielorientiert? Einfühlsam? Methodisch? Mitfühlend? Registriert sie ihr Umfeld überhaupt? Lenkt das Buch sie von dem anstehenden Arztbesuch ab?

Die Antwort bleibt mir verborgen und das zu Recht. Literatur bietet jedem Charakter einen individuellen Zugang. Ein Hoch auf die Bücher!